Titel: Erfahrung mit Falschparkermelden.de: rechtens und legal?

Erfahrung mit Falschparkermelden.de: rechtens und legal?

04.05.22

Parkplatz ist in Ballungsräumen Mangelware und manches Auto parkt dort, wo es nicht darf. Da klingt es verlockend, was der Dienst Falschparkermelden.de per App anbieten möchte: Einfaches Melden von Rechtsverstößen, für den Mieter oder Eigentümer des Parkplatzes kostenfrei und risikolos. Doch wie seriös ist dieses Angebot der EXFORCEserv Ltd, 1 Stanwick Road, Flat 12, London? Rechtlich tätig werden für diesen Dienst die Claim Rechtsanwälte und deren Geschäftsführer Rechtsanwalt Oliver Lüsgens, LL.M.

Wir haben uns die Webseite und Abmahnschreiben angesehen. Die nachstehende Zusammenstellung stellt unsere Rechtsauffassung auf Basis der uns vorliegenden Informationen und auf Basis von deren Webseite (Stand 03.05.2022) dar.

Wie ist die Rechtslage bei Falschparken?

Die Webseite führt zurecht aus, dass jedes Falschparken eine sogenannte verbotene Eigenmacht darstellt, gegen die sich Eigentümer und Besitzer wehren können. Der gewählte Begriff Parkplatzdieb dürfte zwar etwas zu provokant-plakativ gewählt sein, weil Diebstahl anders definiert ist. Er verdeutlicht aber das Problem angemessen und ist daher hinnehmbar.

Schadensersatzanspruch 40 EUR?

Schadensersatzansprüche zielen im deutschen Recht auf den Ausgleich von Vermögensnachteilen ab, sie haben in der Regel keine Straffunktion. Die Webseite wirbt aber damit, dass man Geld erhält:

Bis zu 40€ Auszahlung erhalten. Garantiert

Quelle https://falschparkermelden.de/ Stand 03.05.2022 15:00 Uhr

Ein Schaden nach deutschem Recht wären Abschleppkosten, um das falschparkende KFZ zu beseitigen, Taxikosten, wenn man aus seiner Garage nicht herauskommt oder ein Parkticket, das man als Besitzer des Parkplatzes selber lösen musste. Eine Einnahmemöglichkeit, einen Gewinn gar, sieht das deutsche Schadensersatzrecht eigentlich nicht vor. Etwas anderes könnte dann gelten, wenn verbindliche allgemeine Geschäftsbedingungen gelten würden (wie zum Beispiel bei erhöhtem Beförderungsentgelt, das in U-Bahnen und der Bahn erhoben werden kann). Diese müssten aber vor Ort kenntlich sein. Mit Aussagen wie der folgenden zu werben ist daher falsch:

Quelle https://falschparkermelden.de/ 03.05.2022 15.00 Uhr

Dass dieses Versprechen „Rente auffrischen“ falsch ist, haben die Betreiber von Falschparkermelden.de selber gemerkt. Denn in den FAQ klingt es vollkommen anders:

Quelle https://falschparkermelden.de/ 03.05.2022 15.00 Uhr

Man widerspricht der eigenen Werbeaussage. Eine Oma kann also nicht für Mitbewohner sich auf die Lauer legen und damit die Rente auffrischen (was genau so auch nicht gesagt wird, was aber dem Eindruck nach suggeriert wird): Tatsächlich kann nur der, dessen Vermögen oder dessen Besitz beeinträchtigt ist, Schaden fordern und erhalten. „Provisionen“ sind daher als Schadensersatz nicht möglich, es sei denn es wäre so per Geschäftsbedingungen vereinbart.

Da man auch nur so gestellt werden soll, wie man ohne das schädigende Ereignis, hier die verbotene Eigenmacht, stünde, kann ein „Gewinn“ nicht erzielt werden. Zudem dürften die wenigsten Parkplätze für eine Stunde oder einen Tag einen Geldwert von 40 EUR haben. Die entgangene Nutzung wird in der Regel einen viel geringeren Wert von wenigen Euros haben.

Die Kosten der Halterermittlung dürfen auch nicht umgelegt werden, selbst wenn der tatsächliche Fahrer nicht zu ermitteln ist (vgl. BGH V ZR 160/14)

Fazit: Das Werben mit Schadensersatzansprüchen oder Rente aufbessern ist wohl falsch und nach deutschem Recht so nicht zulässig.

Muss ich eine Unterlassungserklärung abgeben?

Dem System von Falschparkermelden.de folgend erhält derjenige, der auf einem fremden Parkplatz angetroffen wird, eine Abmahnung, es zu Unterlassen einen Parkplatz zu nutzen.

Dies ist nach Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich zulässig (BGH aaO). Da man selten den konkreten Fahrer erwischt, geht allerdings das erste Schreiben immer an den Halter. Danach kann man die Unterlassungserklärung nur dann vom Halter fordern, wenn man ergebnislos um Benennung des tatsächlichen Fahrers ersucht hat. Schweigen kann hier also ein erheblicher Fehler sein, weshalb man eine solche Unterlassungserklärung ernst nehmen sollte und sich Hilfe, ggf. durch spezialisierte Anwälte des Verbraucherdienstes, holen sollte. Denn der BGH sagt:

„Hat ein Fahrzeughalter sein Fahrzeug einer anderen Person überlassen, kann er als Zustandsstörer unter dem Gesichtspunkt der Erstbegehungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wenn er auf die Aufforderung des Parkplatzbetreibers, den für eine Besitzstörung verantwortlichen Fahrer zu benennen, schweigt.“

Quelle: Bundesgerichtshof, Urteil vom 18.12.2015, Az. V ZR 160/14

Ist die Abmahnung der Claim Rechtsanwalts GmbH bzw. von Oliver Lüsgens formell richtig?

Hier muss man zwischen dem ersten Schreiben, das eine Besitzstörung anzeigt, und der eigentlichen Abmahnung unterscheiden. Im ersten Schreiben, das die Besitzstörung anzeigt, werden außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten von insgesamt 141,42 EUR geltend gemacht. Statt „Schadensersatz“ sind dann 40 EUR Zahlung ein „Vergleichsangebot“. Vergleiche kann man grundsätzlich jeglichen Inhalts treffen.

Gleichwohl dürfte es unzulässig sein, unzulässigen Schadensersatz bzw. Vorteile dadurch umzusetzen, dass man mit dem Druck weiterer Kosten diese als Vergleichsangebot deklariert. Eine Hauptforderung, wie die Forderungsaufstellung glauben machen möchte, gibt es jedenfalls nicht – wie oben dargelegt. Zudem fehlt eine Geldempfangsvollmacht, so dass die Claim Rechtsanwalts GmbH nicht zur Empfangnahme von Forderungen legitimiert ist.

Reagiert man auf dieses erste Schreiben nicht, dann erfolgt ein weiteres Schreiben mit einer Vollmachtsversicherung und einer Abmahnung samt Unterlassungserklärung. Hierfür sollen dann 367,23 EUR Anwaltskosten anfallen, wobei die Forderung nunmehr 463,55 EUR betragen soll. Eine Erklärung, warum die Forderung 463,55 EUR beträgt, während die aufgeschlüsselten Kosten geringer sind, fehlt. Offensichtlich möchte man die Anwaltskosten für das erste Angebot gleich nochmal fordern, weil die Differenz eben jene 96,32 EUR sind. Doch da es sich um dieselbe Angelegenheit handelt, würden diese Kosten ineinander aufgehen, allenfalls ein höherer Gebührenrahmen Anwendung finden können, was aber nicht behauptet wird. Es geht also erst einmal hauptsächlich um Anwaltsgebühren – und nur nebenbei um die Unterlassungserklärung. Das zumindest ist unser Eindruck aus dieser Fallkonstellation.

Eine Vollmacht liegt auch nicht bei. Doch das, so die Rechtsprechung des BGH aus dem gewerblichen Rechtsschutz, ist dann vernachlässigbar, wenn eine Unterlassungserklärung vorformuliert ist. Hierauf kommt es nur dann an, wenn andere Kosten als Anwaltsgebühren gefordert werden, weil hierzu eine Geldempfangsvollmacht notwendig wäre.

Die Abmahnung dürfte daher formell wirksam sein. Problematisch ist allerdings, dass diese in der Regel zu weit formuliert ist, weil die vermeintliche Besitzstörung nicht ausreichend individualisiert ist. In den uns vorliegenden Fällen wird nämlich immer nur die Straße samt Hausnummer genannt, kein konkreter Stellplatz oder Parkplatz. Das ist insbesondere bei Mehrfamilienhäusern aber essentiell, um die Aktivlegitimation des vermeintlich gestörten Besitzers zu prüfen und um das vorliegen eines Verstoßes zu prüfen. Gleichwohl dürfte es sinnvoll sein, sich über eine vorausschauende Unterlassungserklärung Gedanken zu machen. Eine solche für eine ganze Hausnummer oder einen ganzen Straßenzug abzugeben, wäre aber ein grober Fehler.

Aber falschparkermelden wirbt doch mit „ohne Gebühren“

Das ist in der Tat ein Problem. Grundsätzlich kann man auch hier als Schadensposition nur das fordern, was tatsächlich als Schaden entstanden ist. Wird ein Anwalt kostenfrei tätig, dann können auch keine Kosten geltend gemacht werden oder festgesetzt werden. Dies gilt sogar dann, wenn eine Unterschreitung der gesetzlichen Gebühren berufsrechtswidrig und eine solche Vereinbarung nichtig wäre (OLG Köln, RVGreport 2014, 121). Eine Geltendmachung, obwohl keine Gebühren geschuldet sind, ohne dies zu offenbaren, könnte ein strafbarer Dreiecksbetrug sein.

Zwar wird in Einzelfällen eine Täuschung verneint (z.B. OLG Köln, III-1 RVs 67/13), weshalb es auf eine genaue Prüfung des Einzelfalles ankommt. Oftmals sind solche „kostenfrei“ Erklärungen auch nur Zusagen eines nachträglichen Gebührenverzichtes, die zulässig sein können. Weiter kann eine Gebührenüberhebung i.S. §352 StGB vorliegen. Das zu prüfen bleibt aber den Gerichten vorbehalten. Man kann mit guten Gründen jede Meinung vertreten. 

Muss ich die Kosten der Halterermittlung tragen?

Kosten der Halterermittlung sind nicht zu erstatten (vgl. BGH V ZR 230/11, V ZR 160/14 m.w.N.).

Kein Risiko für den Melder?

Weiter zugesagt wird, dass „Erfolgsgarantie“ vorliegt. Was genau darunter zu verstehen ist, wird aber verschwiegen. Garantien sind vertragliche Zusagen. Ohne eine Definition ist das bereits wertlos. Wenn damit gemeint ist, dass auf jeden Fall ein Erfolg garantiert wird, dass ein Fahrzeug nicht nochmal parkt oder ähnliches, dass Gerichte dem immer zustimmen oder ähnliches, dann halten wir diese (so nicht genau getroffene) Aussage für sehr wagemutig. Letztlich muss jeder Fall einzeln von einem Gericht geprüft werden.

Wie oben dargestellt, kann es dazu durchaus zu anderen Auffassungen kommen, die einen Misserfolg eher garantieren als einen Erfolg. Es wird immer auf viele Einzelheiten ankommen: Wird auf einen Privatparkplatz hingewiesen oder ist dieser erkennbar? Sind die Gebühren angefallen und angemessen? Hat der Eigentümer den Parkplatz auch wirklich benötigt? Stehen die Kosten in angemessener Relation zu den Mietkosten des Parkplatzes? Sind Inkassogebühren überhaupt angefallen? Diese und viele weitere Fragen sind zu klären.

Da der „Melder“ meist der Auftraggeber sein dürfte, kann dieser gegebenenfalls in rechtlicher wie tatsächlicher Verantwortung stehen. Ihn treffen Kosten, insbesondere wenn er wusste dass eine Unterlassungserklärung und Abmahnung nicht zulässig war. Auch ist Abschleppen nicht gratis. Selbst wenn die Kosten von Falschparkermelden.de übernommen werden, steht man als Auftraggeber in rechtlicher Verantwortung bis zur Erfüllung solcher Forderungen. Hierauf sollten Nutzer der Webseite und der App deutlicher hingewiesen werden.

Aber da sind doch viele Entscheidungen veröffentlicht

Die veröffentlichten Entscheidungen scheinen alle andere Fälle als Falschparkermelden zu betreffen. Darauf kann man schließen, weil der Name der Anwälte oder der Seite nicht auftaucht. Zudem sind die Streitwerte geringer und nur mit 1.500 EUR angegeben (AG Koblenz, AG Ansbach). Die Entscheidungen LG Arnsberg und AG Brandenburg betreffen nur erhöhte Parkentgelte und damit Streitwerte von unter 300.00 EUR.

Dieser Artikel erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Eine konkrete Einzelfallbetrachtung kann in ihrem Fall zu einer anderen Bewertung führen, weshalb wir im Fall des Erhalts eines Schreibens der Claim Rechtsanwalts GmbH bzw. Rechtsanwalt Lüsgens eine kompetente anwaltliche Beratung empfehlen, gerne auch durch die Anwälte des Verbraucherdienstes.

Die Frage, ob das Angebot rechtens oder legal ist, wie eingangs gestellt, kann daher mangels abschließender Klärung nicht entschieden werden. Dass es das Angebot gibt, ist unbedenklich und leider der Tatsache von rücksichtslosem Parken geschuldet. Das ist nicht verwerflich.

Dass man aber Menschen animiert, andere zu verpetzen und dafür auch Geld bezahlt, das halten wir für fragwürdig und unangemessen. Auch die Kostengestaltung kann problematisch sein. Uns als Verbraucherschützer wäre es zudem lieber, wenn konkreter auf die Folgen von Falschparken hingewiesen würde, z.B. mit dem Logo von Falschparkermelden.de. Eindeutig illegal oder unseriös ist das Angebot aber nicht.

Update: Prüfen lassen lohnt sich

Die kompetente Prüfung und Fallbearbeitung durch unsere angeschlossenen Anwälte hat sich jedenfalls für ein Mitglied gelohnt. Das Mitglied musste keine Unterlassungserklärung abgeben und keine hohen Anwaltsgebühren bezahlen, wie eine eMail der Claim Rechtsanwälte belegt:

„Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt,

mit dem Zahlungseingang über 30,00 EUR hat die Angelegenheit sodann ihre Erledigung gefunden. Wir verzichten auch auf die Hereingabe einer Unterlassungserklärung – Sie mögen bitte zukünftig den dortigen Parkplatz nicht mehr widerrechtlich für sich beanspruchen.“

Es lohnt sich also, nachzufassen. Und es lohnt sich, Mitglied des Verbraucherdienstes zu sein. Update Ende.


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Dieser Artikel basiert auf den uns gemeldeten Informationen, Zitaten und den im Artikel genannten Quellen und spiegelt nicht unsere Auffassung wieder. Soweit es ist uns möglich ist, haben wir diese sorgfältig geprüft. Testbestellungen oder sogenannte Lockvogel-Anrufe erfolgten nicht. Sollten Sie der Meinung sein, dass uns wesentliche Punkte zum Sachverhalt unbekannt sind, bitten wir Sie, uns unter dem Link KONTAKT zu kontaktieren.

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