Titel: Probefahrt, danach Auto weg - wehren unmöglich?

Probefahrt, danach Auto weg – wehren unmöglich?

04.10.20

Der Bundesgerichtshof musste sich wieder einmal mit den Fragen des gutgläubigen Erwerbs auseinandersetzen. Probefahrt, danach Auto weg, und wehren ist unmöglich?

Gutgläubiger Erwerb und Probefahrt

Ausgangspunkt ist die Frage, ob man eine Sache erwerben kann, die einem nicht gehört. Grundsätzlich ist dies kein Problem, weil in Deutschland der sogenannte gutgläubige Erwerb möglich ist. Dieser betrifft nicht den Kaufvertrag, der immer möglich ist, sondern die Eigentumsverfügung, also den Erlang von Eigentum. Dies ist nach §932 BGB auch dann möglich, wenn einem eine Sache nicht gehört – soweit man gutgläubig war, also im Zeitpunkt der Verfügung nicht wusste dass die Sache jemand anderem als dem „Verfügenden“ gehört. An gestohlenen Sachen („abhanden gekommen“, §935 BGB) kann kein Eigentum erlangt werden.

Klingt kompliziert. Für den potentiellen Käufer heisst dies nur folgendes:

Man muss sorgfältig prüfen, ob dem Verkäufer ein Fahrzeug gehört. Oder ein Computer. Bei Fahrzeugen heisst dies, die Papiere (Fahrzeugbescheinigung Teil 1 und 2) müssen ordentlich auf den Verkäufer ausgestellt sein.

Der BGH entschied zur Probefahrt und der Frage des Abhandenkommens

Und genau hier setzt der Fall an, den der BGH zu entscheiden hatte: Ein Auto wurde zu einer Probefahrt abgeholt und dann nicht zurückgebracht. Stattdessen wurde es via eBay Kleinanzeigen gegen Bar verkauft, Fahrzeugschein und Fahrzeugbrief als Fälschung anbei.

Nun würde man eigentlich denken, dass dieses Fahrzeug abhanden gekommen sein sollte. Weil es dem Verkäufer ja nicht gehört. Aber er war ja Besitzer durch die Probefahrt geworden:

Mit seiner Entscheidung stellt sich der BGH auf die Seite der Familie. Zur Begründung führte er an: Ein Abhandenkommen im Sinne von § 935 BGB setze einen unfreiwilligen Besitzverlust voraus. Doch nur weil die Besitzübertragung auf einer Täuschung beruhe, sei sie damit nicht automatisch unfreiwillig.

Die Karlsruher Richter sind der Auffassung, dass die Überlassung des Vans zu einer unbegleiteten und auch sonst nicht überwachten Probefahrt für eine gewisse Dauer zu einem Besitzübergang auf den (wenn auch vermeintlichen) Kaufinteressenten führt. Es handle sich entsprechend nicht lediglich um eine Besitzlockerung. Damit sei der Kaufinteressent auch nicht bloß Besitzdiener des Verkäufers gemäß § 855 BGB, denn es fehle an dem erforderlichen sozialen oder vergleichbaren Abhängigkeitsverhältnis.

Dieser Auffassung stehe auch nicht entgegen, dass der angebliche Käufer bei der Probefahrt den Vorgaben des Verkäufers unterworfen war: Mit der freiwilligen Überlassung des Fahrzeugs zu einer Probefahrt habe das Autohaus den Besitz an dem Fahrzeug verloren. Wird es daraufhin nicht zurückgegeben, stellt dies nach Auffassung des BGH kein Abhandenkommen dar, weswegen die Familie entsprechend gutgläubig habe erwerben können.

BGH nach LTO

Knackpunkt der Entscheidung war, dass die Probefahrt ohne Einfluss des eigentlichen Eigentümers erfolgt ist. Das Nichtzurückbringen oder die Täuschung über nur eine Probefahrt reicht dann nicht aus, um von einem Abhandenkommen zu sprechen.

Verkäufer und Käufer sollten hierauf achten

Für Verkäufer, gleich ob Händler oder Privatpersonen heisst dies:

  • sorgfältig die Papiere prüfen
  • Fehler in Papieren sofort via Polizei klären
  • Probefahrt nur, wenn man selbst neben dem Fahrer sitzt

Gerade bei Fahrzeugen sind hier erhebliche Schäden zu bedenken. Wenn man ein abhandengekommenes Fahrzeug kauft, muss man das Fahrzeug herausgeben.

Wenn man ein Fahrzeug via Probefahrt verliert, kann man es ggf. nicht zurückfordern.

Da es im streitigen Fall um einen Caravan ging, war der Schaden mit 51.000 € sehr hoch. Auch ein Lehrgeld sollte nicht in dieser Höhe zu zahlen sein.


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