Titel: Google Fonts Abmahnung: RAAG Kanzlei Dikigoros Kairis für Herrn Wang Yu

Google Fonts Abmahnung: RAAG Kanzlei Dikigoros Kairis für Herrn Wang Yu

21.10.22

Dem Verbraucherdienst liegt nun eine weitere Abmahnung zu Google Fonts und einem behaupteten DSGVO Verstoß vor. Wir hatten bereits über Abmahnungen der IG Datenschutz berichtet zu Google Fonts und dort ausgeführt, warum unserer Auffassung nach kein Anspruch besteht.

Die Abmahnung der RAAG Kanzlei Dikigoros Kairis, die uns vorliegt, ist augenscheinlich maschinell erstellt und basiert nicht auf realen Erfahrungen eines Menschen. Dies deshalb, weil die Adresse des Abgemahnten fehlerhaft ist.

Hinweise auf gecrawlte Seiten: Betrug?

Wir haben zu Dokumentationszwecken ein geschwärztes PDF der Abmahnung angehangen, um die Auffälligkeiten zu dokumentieren. Name einer Firma ist nicht „Impressum“. Dieser Fehler entstand dadurch, dass auf der Webseite des Mitglieds automatisch die Daten übernommen wurden. Denn dort ist der Firmenname an einer anderen Stelle stehend, was ein Bot oder Crawler nicht erkennt.

Automatisch erhobene Daten können aber nicht gegen die DSGVO verstoßen. Denn es wurden keine personenbezogenen Daten durch einen Menschen – angeblich – übermittelt (in unserem anderen Artikel wiesen wir zudem darauf hin, dass bei Google Fonts keine Speicherung erfolgt, die IP rein technisch wie bei jeder Nutzung des Internet genutzt wird, was zulässig sein muss). Damit ist die Abmahnung rechtswidrig und rechtsmissbräuchlich.

Vielmehr stellt sich die Frage, ob dann nicht die Daten unseres Mitglieds datenschutzwidrig erhoben und gespeichert wurden. Manche Rechtsanwaltskanzlei sieht beim Vorgehen dieser Kanzlei Hinweise auf gewerbsmäßigen Betrug. Wir möchten uns hier nicht festlegen, weil es hierbei darauf ankommt, was ein Mandant seinem Anwalt an Informationen gibt. Ein gutes anwaltliches Schreiben würde solche Verdachtsmomente aber ausmerzen.

Keine Geldempfangsvollmacht

Eine Vollmacht wird nicht vorgelegt. Dies ist bei Geldforderungen problematisch, weil nur bei Vorlage einer Inkasso- oder Geldempfangsvollmacht der Anwalt die Beträge auch in Empfang nehmen darf, damit der Bezahler sich von seiner Schuld befreit. Im schlimmsten Fall zahlt man dann nämlich doppelt.

Aus Herrn Wang Yu „wird“ Frau Wang Yu

Ob es einen Herrn Wang Yu wirklich gibt, bleibt offen. Eine ladungsfähige Anschrift ist nicht ersichtlich. In neueren Abmahnungen soll es zwar eine Anschrift geben eines virtuellen Büros, dafür wird aus Herrn Wang Yu wohl eine Frau.

Auffälligkeiten der zweiten Seite des Schreibens Kanzlei RAAG Dikigoros Kairis

Weitere Auffälligkeiten finden sich auf Seite 2 der Abmahnung. Zwar sollte man Schreibfehler wie „weite“ statt „weiter“ oder „Cause“ statt „Causa“ nicht kleinlich sein, diese mögen noch hinnehmbar sein. Dass man aber bei einem angeblichen Anwaltshonorar von 30 EUR 20 EUR Auslagenpauschale fordert statt der gesetzlich möglichen 20% = 6 EUR darf einer Anwaltskanzlei nicht passieren. An dieser Stelle fehlt zudem die Erwähnung der Umsatzsteuer, außer der Mandant Wang Yu wäre ein Unternehmer und würde gewerblich abmahnen.

Es geht nur ums Geld?

Während viele Worte um Auskunft, Datenschutzverstoß und mehr passieren, geht es letztlich doch nur ums Geld: Statt den Datenschutzverstoß und dessen Ausmaß abzufragen, ist man mit Geld zufrieden. Allerdings nicht zu den Schnäppchenpreisen der IG Datenschutz. Statt dort 170 EUR insgesamt (davon 100 EUR Schadensersatz) sollen es nun 226,10 EUR sein, davon 140 EUR Schaden.

Rechnung an den Abgemahnten?

Der meiner Meinung nach schlimmste Fehler passiert der Kanzlei aber auf Seite 3 der Abmahnung, nämlich der Rechnung. Diese lautet nicht auf Herrn Wang Yu, sondern auf den Abgemahnten. Ist der Abgemahnte etwa Mandant der Kanzlei? Dann läge ggf. Parteiverrat vor. Denn Rechnung definiert §14 UstG wie folgt: „Rechnung ist jedes Dokument, mit dem über eine Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet wird, gleichgültig, wie dieses Dokument im Geschäftsverkehr bezeichnet wird.“ Diese muss an den „Leistungsempfänger“ erfolgen, und das wäre der Mandant.

Dass man dann noch auf den Schadensersatz Umsatzsteuer berechnet, ist ein weiterer handwerklich grober Fehler. Denn echter Schadensersatz unterliegt nicht der Umsatzsteuer. Nur wenn der Schaden den Ausfall einer Leistung kompensiert, kann dieser wie die Leistung behandelt werden. Dies ist bei immateriellem Schaden wie hier nicht der Fall. Hoffentlich führen die Kanzlei RAAG und Herrn Wang Yu diese 26,60 € auch an den Fiskus ab, sonst läge noch eine strafbare Steuerstraftat vor.

170.000 Abmahnungen?

Nimmt man die Rechnungsnummer 171.177 zum Maßstab, dann liegen über 170.000 Abmahnungen vor. Bei einer ggf. nicht abgeführten Umsatzsteuer von 26,60 EUR wäre der Schaden für den Fiskus potentiell bei 4.500.000 EUR, das Gesamtvolumen des Schadens 38.437.000 EUR. Die IP Adresse von Herrn Wang wäre daher Gold wert, was sicherlich nicht das ist, was das Landgericht München I erreichen wollte.

Wie reagiere ich auf Herrn Wang und seine Anwälte?

Gleichwohl sollte man wie bei allen anwaltlichen Schreiben nicht einfach nichts tun. Eine Aufforderung zur Auskunft, ob ein Besuch auf der Webseite stattgefunden hat durch Herrn Wang, wann und mit welcher Intention, wird die Frage klären, ob ein Datenschutzverstoß vorliegt. Auch wenn wir die Auffassung vertreten, dass die Entscheidung des LG München I technisch und damit rechtlich falsch ist, weil IP Daten nicht gespeichert werden und die bloße Übermittlung mit dem Internet technisch notwendig und bedingt ist, sollte man bei Google Fonts eine lokale Speicherung prüfen.

Zahlen sollte man auf solche Abmahnungen in der Regel nicht, ohne den Einzelfall rechtlich geprüft zu haben. Insbesondere Abmahnungen der RAAG Kanzlei für Herrn / Frau Wang sollten genauestens geprüft und hinterfragt werden. Ob jemand Strafanzeige erstatten möchte, muss jeder für sich selbst entscheiden.


Verbraucherdienst e.V. –   Telefon:  0201-176790

Bürozeiten: Montags bis Freitags 08:00-13:00 Uhr und 14:00-17:00 Uhr.

Chat in WhatsApp     (Keine Anrufe, nur WhatsApp!)

Gerne können Sie uns auch via Email-Adresse und Kontaktformular erreichen: KONTAKT


Für Nichtmitglieder ist es uns nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz nur erlaubt Fragen allgemeiner Art zu beantworten. Eine Einzelfallberatung ist uns nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz nur für Mitglieder erlaubt und wird durch kooperierende Rechtsanwälte durchgeführt.

Dieser Artikel basiert auf den uns gemeldeten Informationen, Zitaten und den im Artikel genannten Quellen und spiegelt nicht unsere Auffassung wieder. Soweit es ist uns möglich ist, haben wir diese sorgfältig geprüft. Testbestellungen oder sogenannte Lockvogel-Anrufe erfolgten nicht. Sollten Sie der Meinung sein, dass uns wesentliche Punkte zum Sachverhalt unbekannt sind, bitten wir Sie, uns unter dem Link KONTAKT zu kontaktieren.

Bewertungen von Verbrauchern

Mitglied werden

Kommentare zu Google Fonts Abmahnung: RAAG Kanzlei Dikigoros Kairis für Herrn Wang Yu