Mit dem Closing System eine einfache und sichere Nebentätigkeit aufbauen? Ein Mitglied unseres Vereins interessierte sich für dieses Angebot und schloss einen Vertrag ab. Die hohen Kosten bewegten ihn zum Widerruf – doch es war nicht möglich. Wir schauen uns das Angebot genauer an und zeigen auf, warum eine gewisse Checkbox zu unerwarteten Kosten führen kann.
Zu Beginn eine Frage an unsere Leser:Innen: Was stellen Sie sich unter einem zweiten Standbein vor? Wir denken, dass damit eine zusätzliche Einnahmequelle neben der Haupttätigkeit gemeint ist – in manchen Fällen ein Nebenjob oder eine Nebenbeschäftigung. Ein weiterer Job kann Nachteile mit sich bringen, ein typisches Beispiel dafür wäre der zeitliche Aufwand.
Doch gibt es eine sichere und einfache Methode, sich ein solches zweites Standbein aufzubauen? Laut der Webseite „Das Closing System“ (Url: https://das-closing-system.de/, letzter Abruf 24.05.2024) soll es das geben.
Im Impressum der Webseite finden wir die Firma Pietsch Coaching & Consulting Ltd. mit Sitz in Hong Kong. Verantwortlich soll ein Fabian Pietsch sein. (Quelle: https://das-closing-system.de/impressum/, letzter Abruf 24.05.2024)
Leider werden wir aus der Webseite selbst nicht besonders schlau, wie das angesprochene Standbein genau entstehen soll. Stattdessen finden wir zuhauf Videoclips von sogenannten „Teilnehmern“, die von einer kleinen Textpassage begleitet werden. Beispiel Phil W.:
„Wollte als frischer Vater nur noch digital arbeiten ohne örtliche Bindungen.“ Das Ergebnis: „Nach eineinhalb Wochen die ersten 3.000,- verdient und innerhalb eines Monats die 20.000 ,- geknackt“.
Laut eines Instagram-Postings vom 19.12.2022 will Fabian Pietsch bereits mehr als 500 Menschen beim Aufbau eines zweiten Standbeins unterstützt haben.
Aufmerksam auf das Closing System wurden wir durch unser Mitglied Herrn L. Dieser sah laut eigener Aussage am 01.04.2024 ein Video von Fabien Pietsch auf Instagram. Er nutzte einen angegebenen Link und schickte zusätzlich eine E-Mail an Pietsch. Es folgte ein Kontakt über WhatsApp mit einer weiteren Person namens Daniel M.
In einem Gespräch soll Herrn L. mitgeteilt worden sein, dass er auf einen „Link gehen soll“, um „Mitglied zu werden“. Herr L. gibt uns gegenüber an, dass er „etwas verwirrt“ war, da es bis zu diesem Punkt nicht um Geld ging. Doch der Link soll auf eine Seite geführt haben, auf der Videoinhalte mit einem Gesamtpreis von mehr als 4.000 EUR dargestellt wurden. Herr L. ging davon aus, dass er den Vertrag innerhalb von zwei Wochen kündigen kann – und klickte.
Herr L. schloss den Vertrag ab. Scheinbar kam bei Vertragsschluss der Zahlungsdienstleister Digistore24 ins Spiel, über den wir hier an dieser Stelle bereits mehrfach berichteten – dazu gleich mehr.
Ein Widerruf wurde Herrn L. verwehrt. Seine E-Mail an Digistore24 wurde wie folgt beantwortet: „Ihrem Wunsch auf einer Rückerstattung können wir leider nicht nachkommen“.
Nachdem sich Herr L. bei uns meldete, ließen wir ihm einen kleinen Fragenkatalog zukommen. Zum Beispiel fragten wir Herrn L., ob er den Vertrag abgeschlossen hätte, wenn ihm bewusst gewesen wäre, dass er auf das Widerrufsrecht verzichten müsste. Er antwortete: „Ich wäre den Vertrag nicht eingegangen, wenn ich gewusst hätte, dass ich mein Widerrufsrecht verliere“.
Herr L. fasst in seinen Schilderungen seinen Eindruck wie folgt zusammen, Zitat: „Hätte ich also das Gespräch mit Daniel nicht gehabt, dann wäre ich zu 100% keinen Vertrag eingegangen. Ich weiß nicht, ob das Manipulation war, aber es fühlte sich so an.“ Zitatende.
Wir können an dieser Stelle nicht beurteilen, ob tatsächlich Manipulation stattfand, aber wollten Herrn L. die Gelegenheit geben, in seinen eigenen Worten seine Erfahrungen und Erkenntnisse mitzuteilen.
Allgemein möchten wir darauf hinweisen, dass es bei Vertragsschlüssen für Coaching- und Mentoring-Dienstleistungen leider keine Seltenheit ist, dass nach dem Bestellvorgang Probleme deutlich werden.
Häufig ist bei der Bestellung nicht 100% klar, dass auf das Widerrufsrecht verzichtet werden soll. In einer uns vorliegenden Mail von Digistore24 heißt es, dass einer Checkbox mit folgendem Text zugestimmt worden sein soll:
„Ich stimme zu und verlange ausdrücklich, dass Sie vor Ablauf der Widerrufsfrist mit der Ausführung des Vertrages beginnen. Mir ist bekannt, dass ich dadurch bei Downloadprodukten und digitalen Inhalten mit Beginn der Ausführung des Vertrages und bei Dienstleistungen bei vollständiger Erfüllung des Vertrages mein Widerrufsrecht verliere“.
Derzeit ist uns nicht bekannt, ob Herr L. diesen Hinweis bei der getätigten Bestellung wahrgenommen hatte.
Es sind noch einige Fragen offen, die es für uns zu klären gibt. Aber vordergründig möchten wir unser Mitglied Herr L. gegen die hohe Rechnung für das „Closing System“ unterstützen.
Wir haben bereits einige Mitglieder unseres Vereins bei Problemen mit Online-Kursen unter die Arme greifen können. Bei Fragen nutzen Sie einfach unsere Kontaktmöglichkeiten.
Darüber hinaus möchten wir auf unsere informativen Videos zu diesem und vielen weiteren interessanten Themen hinweisen. Sie finden diese bei YouTube, TikTok und auch Instagram.
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Dieser Artikel basiert auf den uns gemeldeten Informationen, Zitaten und den im Artikel genannten Quellen und spiegelt nicht unsere Auffassung wieder. Soweit es ist uns möglich ist, haben wir diese sorgfältig geprüft. Testbestellungen oder sogenannte Lockvogel-Anrufe erfolgten nicht. Sollten Sie der Meinung sein, dass uns wesentliche Punkte zum Sachverhalt unbekannt sind, bitten wir Sie, uns unter dem Link KONTAKT zu kontaktieren.
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