TItel: LG Berlin: Copecart unterliegt, Rückzahlung an unser Mitglied

LG Berlin II: Copecart unterliegt, Rückzahlung an unser Mitglied

29.08.24

Az. 3 O 81/24

In vielen unserer veröffentlichten Blog-Artikel gilt: Wer Online-Coaching denkt, könnte auch Copecart sagen. Zugegeben, dieser Redewendung fehlt noch der letzte Schliff, aber vielleicht gelingt es mit diesem Beitrag, einen Zusammenhang zu zeichnen. Es geht – wie zu vermuten – um die Firma Copecart GmbH aus Berlin und Online-Coaching. Genau genommen geht es um Lukas Lindler, über den wir bereits in Vergangenheit berichteten.

Aufgrund unserer Berichterstattung meldete sich einige Personen, die ihre Erfahrungen mit Lukas Lindler und Copecart mitteilen wollten. Jene Personen, die Mitglieder in unserem Verein wurden, konnten durch unsere angeschlossenen Rechtsanwälte unterstützt werden. In einem Rechtsstreit, der am 28.06.2024 vor dem Landgericht Berlin II stattfand wurde ein positives Urteil zugunsten der Klägerin, unser Mitglied, gefällt.

Keine Zulassung nach § 12 FernUSG

Zum Tatbestand: Die Beklagte Copecart GmbH betreibt eine Internetplattform, über die Dienstleistungen angeboten werden können. Auf dieser Plattform wurde ein „Coaching-Programm“ mit der Bezeichnung „Digital Reselling RS — Einkommen auf Autopilot“ der Lukas Lindler Holding GmbH, deren Geschäftsführer Lukas Lindler ist, angeboten.

Es handelte sich um einen aus online abrufbaren Videos bestehenden Kurs, den Teilnehmern wurde eine „hochintensive Betreuung“ durch eine wöchentliche persönliche „Live-Call-Betreuung“, eine „VIP Facebook Gruppe“ und einen schnellen und individuellen „24/7 Telegram Experten Support“ angeboten.

Wichtig: Für dieses Angebot bestand keine Zulassung nach § 12 FernUSG.

Unerwartete Angaben bei Vertragsschluss

Die Klägerin wurde im Oktober 2022 auf ein Werbevideo Lindlers aufmerksam. Nach Übermittlung ihrer E-Mail-Adresse und ihrer Telefonnummer wurde sie per Videotelefon von einer Person für die Lukas Lindler Holding GmbH kontaktiert, der ihr das „Coaching-Programm“ vorstellte. Es wurde der Klägerin mit der E-Mail vom 21.10.2022 einen Link zur Webseite der Copecart übermittelt. Die Klägerin klickte auf diesen Link. Die Klägerin erhielt von der Beklagten eine Bestellbestätigung sowie eine Rechnung über mehr als 5.000 EUR, die sie in Raten zahlen sollte. Sie zahlte in der Folge insgesamt mehr 1.500 EUR an die Copecart GmbH.

Unser Mitglied berichtete, dass mit der Ausbildung könne nur begonnen werden, wenn sie auf ihr Widerrufsrecht verzichtet. Zudem müsse der Bestellvorgang bei CopeCart, die lediglich Zahlungsabwickler sei, durchgeführt werden. Die unter Druck gesetzte Klägerin ging davon aus, dass sie einen Vertrag mit Lindler bzw. seiner GmbH schließen würde. Nach dem Klick auf den Link habe sie nichts eingegeben, es sei alles schon voreingestellt gewesen. Wesentliche Vertragsbestandteile seien nicht vereinbart worden.
Es geht hauptsächlich darum, neue Verbraucher in ein bestimmtes System einzuführen, auch genannt Schneeballsystem. Unser Mitglied ging davon aus, dass es sich um eine seriöse Ausbildung bzw. Nebenbeschäftigung handele.

Erfolg: Klage ist begründet und zulässig

Die Richter am Landgericht Berlin II entschieden am 28.06.2024 die Beklagte Copecart GmbH zu verurteilen, den bereits überwiesenen Betrag nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zurück zu zahlen.

Wie könnte der Inhalt des Angebots beurteilt werden? Wobei sich die Frage stellt, ob überhaupt ein Vertrag zustande gekommen ist. Sollte dies der Fall sein, ist der Vertrag nach § 7 Abs. 1 FernUSG nichtig, da es an der gemäß § 12 Abs. 1 Sat 1 FernUSG erforderlichen Zulassung fehlt.

Diese Zulassung war erforderlich, da es sich bei der geschuldeten Leistung um Fernunterricht i.S.v. § 1 Abs. 1 FernUSG handelte.

Zur Überprüfung der Lehrinhalte

Zur Erläuterung: Der Vertrag zielte auf die entgeltliche Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten ab. Lehrender und Lernender sollten ausschließlich oder überwiegend räumlich getrennt sein, § 1 Abs. 1 Nr. 1 FernUSG. Einen Präsenzkontakt sah der Vertrag nicht vor. Die Vermittlung sollte jedenfalls überwiegend durch Zurverfügungstellen jederzeit abrufbarer Videos erfolgen, die Betreuung per Telegram und Videotelefonate sollte dies nur ergänzen, so dass dahinstehen kann, ob eine Vermittlung in einer Videokonferenz oder einer anderen synchronen Kommunikation als Fernunterricht einzustufen wäre (vgl. zu dieser Frage Vennemann, FernUSG, 2. Aufl. 2014, § 1 Rn. 10).

Wir erinnern uns noch die Schul- und Studienzeit: das erlangte Wissen könnte durch Abfragen wie z.B. Prüfungen abgefragt werden, die sogenannte Überwachung des Lernerfolgs. Der besagte Vertrag beinhaltete auch genau diese Überwachung des Lernerfolgs durch den Lehrenden oder seinen Beauftragten, § 1 Abs. 1 Nr. 2 FernUSG.

Laut den vorliegenden Unterlagen sollte unser Mitglied nach dem Vertrag berechtigt sein, über Videotelefonate und Telegram Nachfragen zum erlernten Stoff stellen. Ob das in der Folge erfüllt worden ist, ist für die Vertragsauslegung ohne Belang.

Wir freuen uns über den Ausgang des Rechtsstreits und beglückwünschen unser Mitglied zu diesem Erfolg.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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